Inge Lehmann
Inge Lehmann · Seismologin
Inge Lehmann
* 13. Mai 1888 Kopenhagen, † 21. Februar 1993 Kopenhagen
Inge Lehmann veränderte unser Verständnis vom Aufbau der Erde fundamental. Als Leiterin des dänischen seismologischen Dienstes analysierte sie Erdbebenwellen und entdeckte 1936, dass die Erde einen festen inneren Kern besitzt. Diese bahnbrechende Erkenntnis, heute als Lehmann-Diskontinuität bekannt, widerlegte die damalige Annahme eines komplett flüssigen Erdkerns. Die präzise arbeitende Wissenschaftlerin entwickelte mathematische Modelle, die ihre These untermauerten. Obwohl ihre Entdeckung zunächst auf Skepsis stieß, wurde sie durch spätere seismologische Daten bestätigt. Lehmann arbeitete bis ins hohe Alter und erhielt mit 87 Jahren die höchste Auszeichnung der American Geophysical Union. Sie starb mit 104 Jahren.
«Sie wirkt auf den wenigen Aufnahmen wie eine sehr zurückhaltende, bescheidene Person. So habe ich sie in meinem Portrait festgehalten. Ihre Gesichtszüge sind teils sehr von Tusche verstellt – wir müssen genau hinsehen, um sie zu sehen.»
– Roxana Panetta über das Portrait
Biographie
Jahrzehnte in der Wissenschaft – unsichtbar unter Männern
Die Entdeckung des inneren Erdkerns
Als Inge Lehmann in den 1930er Jahren Erdbebendaten analysierte, stieß sie auf unerklärliche Anomalien. Die gemessenen seismischen Wellen verhielten sich anders als vom damaligen Modell eines komplett flüssigen Erdkerns vorhergesagt. Mit akribischer Genauigkeit untersuchte sie diese Abweichungen und kam zu einem revolutionären Schluss: Im Zentrum der Erde musste sich ein fester innerer Kern befinden. Ihre 1936 veröffentlichte Entdeckung der später nach ihr benannten Lehmann-Diskontinuität veränderte das geologische Weltbild grundlegend.
Wissenschaftliche Präzision gegen Widerstände
Lehmann war für ihre mathematische Präzision bekannt. "Du musst wirklich sehr kritisch sein mit deinen Daten", pflegte sie zu sagen. "Die Beobachtungen sind das Einzige, was zählt. Man sollte keine Angst haben, mit etablierten Theorien in Konflikt zu geraten, wenn die Daten eine andere Geschichte erzählen." Diese Herangehensweise prägte ihre gesamte wissenschaftliche Karriere. Als Frau in der männerdominierten Geologie musste sie ihre Erkenntnisse besonders gründlich belegen. Sie entwickelte mathematische Modelle und verfeinerte Methoden zur Analyse seismischer Wellen, die bis heute Anwendung finden. Mit einiger Ernüchterung stellte sie fest: "You should know how many incompetent men I had to compete with in vain" – in etwa: "Sie müssen wissen, mit wie vielen inkompetenten Männern ich mich sinnlos messen lassen musste."
Ein Jahrhundert der Forschung
Lehmanns wissenschaftliche Karriere erstreckte sich über mehr als sechs Jahrzehnte. Als erste Leiterin des dänischen seismologischen Dienstes baute sie ein Netzwerk seismologischer Stationen auf und machte Kopenhagen zu einem Zentrum der Erdbebenforschung. Neben dem inneren Erdkern entdeckte sie auch Diskontinuitäten im oberen Erdmantel. Mit 87 Jahren erhielt sie die William-Bowie-Medaille der American Geophysical Union – als erste Frau überhaupt. Ihre wissenschaftliche Aktivität setzte sie bis weit in ihre 90er Jahre fort. Als sie 1993 im Alter von 104 Jahren starb, hatte sie nicht nur die Entwicklung der modernen Seismologie miterlebt, sondern entscheidend mitgeprägt.
Für das Portrait verwendetes Bildmaterial
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Portrait von Inge Lehmann um 1937, dem Jahr ihrer Entdeckung -
Inge Lehmann war zeitlebens in der Wissenschaft tätig. -
Inge Lehmann 1906 mit Kommilitonen an der Uni (ganz rechts) -
Inge Lehmann beweist, dass die Erde innen einen harten Metallkern haben muss -
Seismografische Aufzeichnungen nach einem Erdbeben auf der anderen Seite der Erdkugel haben seltsame Abweichungen, die Inge Lehmann genauer studiert und darauf hin die These aufstellt und beweist, dass der Erdkern nicht flüssig sondern hart sein müsse