Nettie Maria Stevens

Nettie Stevens · Biologin

 

Nettie Maria Stevens

* 7. Juli 1861 Cavendish (Vermont, USA), † 4. Mai 1912 Baltimore (Maryland, USA)

Die Biologin Nettie Stevens revolutionierte die Genetik gleich zweifach: Sie entdeckte, dass Chromosomen das biologische Geschlecht bestimmen und führte Taufliegen als ideale Forschungsobjekte in die Laborarbeit ein.

Durch ihre Forschung an weiblichen Taufliegen fand sie heraus, dass das biologische Geschlecht durch unterschiedliche Chromosomenpaare definiert wird: zwei große bei weiblichen, ein großes und ein kleines bei männlichen Organismen. Diese bahnbrechende Entdeckung gelang ihr, weil sie – anders als ihr Professor, der nur Spermien untersuchte – beide Geschlechter erforschte. Obwohl Stevens über 40 wissenschaftliche Aufsätze publizierte und die Genetik fundamental prägte, schaffte es ihr Professor in die Geschichtsbücher. Sie starb jung an Brustkrebs.

«Beim Kennenlernen von Netties Biographie war ich empört, wie es sein konnte, dass man zu ihrer Zeit einfach nicht an weiblichen Versuchsobjekten geforscht hat. Schaue ich mich heute in der Medizinwissenschaft um, sehe ich, dass das Thema immer noch aktuell ist. Die ausschließlich weibliche Erkrankung Endometriose ist bis heute zu wenig erforscht, obwohl sie große Teile der weiblichen Bevölkerung weltweit betrifft.»
– Roxana Panetta über das Portrait

Biographie

Nettie Stevens hatte Forschungserfolg, weil ihre Weltsicht ihr nicht den Blick auf die Wissenschaft verstellte

Revolutionäre Entdeckung in der Genetik

Im ausgehenden 19. Jahrhundert ist Misogynie noch Alltag. Gebärt eine Frau eine Tochter, so wurde spekuliert, dass sie daran Anteil habe. Gebar sie einen Sohn, den Statthalter, war es die Leistung des Gattens. In dieser Zeit frauenfeindlicher Sicht auf einen vollkommen natürlichen Vorgang – die Geschlechtsvererbung – machte die Biologin Nettie Stevens eine Entdeckung, die unser Verständnis der Geschlechterbestimmung fundamental verändern würde. In einer Zeit, als Frauen noch die "Schuld" für die Geburt von Töchtern zugeschrieben wurde, bewies sie, dass Chromosomen für das biologische Geschlecht verantwortlich sind. Durch ihre akribische Forschung an Taufliegen entdeckte sie den entscheidenden Unterschied: Weibliche Organismen besitzen zwei größere Chromosomen, während männliche durch ein großes und ein kleines Chromosom gekennzeichnet sind.

Methodische Innovation im Forschungslabor

Stevens' wissenschaftlicher Scharfsinn zeigte sich auch in ihrer Methodenwahl. Sie erkannte als Erste das Potenzial der Taufliege (Drosophila) für die Genforschung und ersetzte damit die bis dahin üblichen, aber weniger geeigneten Mehlwürmer. Ihre Innovation setzte sich durch: Taufliegen sind bis heute aufgrund ihres kurzen Lebenszyklus und ihrer einfachen Vermehrung das bevorzugte Modelltier der Genetik. Dass Stevens beide Geschlechter untersuchte – im Gegensatz zu ihrem Professor, der sich auf Spermien beschränkte – ermöglichte ihr bahnbrechende Erkenntnisse zur chromosomalen Geschlechtsbestimmung.

Wissenschaftliches Erbe

Trotz ihrer über 40 publizierten wissenschaftlichen Aufsätze und ihrer fundamentalen Beiträge zur Genetik wurde Stevens' Leistung lange Zeit ihrem Professor zugeschrieben. Ihr früher Tod durch Brustkrebs verhinderte, dass sie ihre Entdeckungen selbst verteidigen konnte. Heute wird ihre Pionierarbeit sowohl in der Entdeckung der chromosomalen Geschlechtsbestimmung als auch in der Etablierung der Taufliege als Modellorganismus zunehmend gewürdigt.

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