Christine de Pizan
Autorin & Gelehrte im ausgehenden Mittelalter
Christine de Pizan (Pisan)
* ~1364 (Venedig), † 1430 Poissy (Frankreich)
Christine de Pizan war eine Literatin des ausgehenden Mittelalters, die sich sehr für Frauen einsetzte, aber nicht nur. Jung verwitwet mit drei Kindern sah sie sich enormen Herausforderungen gegenüber, die sie mutig anging. Von Haus aus gebildet widmet sie sich bald dem Verfassen von Texten – zunächst Gedichte, dann auch Abhandlungen, Biographien und Romane. „Die Stadt der Frauen“ (1405) ist ihr bekanntestes Werk, das die Errungenschaften von Frauen seit der Antike ins Zentrum stellt.
Christine de Pizan hatte viele Bewunderer und Unterstützer ihrer Werke – darunter einflussreiche Frauen und Männer an den europäischen Höfen. Bis zu ihrem Lebensende 1430 schreibt sie und lässt ihre Texte in einer Schreibwerkstatt vervielfältigen. Es gibt bereits zu ihren Lebzeiten zahlreiche Übersetzungen ihrer Werke.
Zum Portrait
Ist das Christine de Pizan?
Ihre Gesichtszüge kennen wir nicht, aber wir wissen, wie Christine de Pizan üblicherweise gekleidet war: Sie trug einen Hennin (mittelalterliche Witwenhaube), ein meist braunes Kleid mit einem blauen Überkleid. Das Dekolleté von einem Tuch bedeckt. Dieses Portrait greift diese Eckpunkte auf und interpretiert sie. Der vergoldete Hintergrund war zu Lebzeiten Christines noch üblich.
Die Textpassage
Was bedeutet die Kalligraphie im Schleier?
Auf dem Schleier ist eine Passage aus ihrem Werk "Christines Vision" kopiert. In diesem Abschnitt beschreibt Christine ihre Arbeit als Autorin und wie sie sich durch Praxis stets weiterentwickelt hat und inzwischen auf ein sehr umfangreiches Werk blicken kann.
Transkription der Kalligraphie (Buchstaben in Klammern stehen für fehlende Buchstaben):
Adont me pris a forger choses jolies, a mon commencement plus legieres, et tout ainsi comme l'ouvrier qui de plus en plus en son oeuvre se soubtille comme plus il la frequente, ainsi tous jours estudiant diverses matieres, mon sens de plus en plus s'imbuoit de chos(es) estranges, amendant mon stile en plus grant soubtilleté et plus haulte matiere, depuis l'an mil •CCC•XXXX• et •XIX• q(ue) je commencay jusques a cestui •CCCC• et cinq ou quel encore je ne cesse, compillés en ce tandis quinze volumes principaux sa(n)s les autres pa(rti)culiers petis dictiez, lesquieulx tous ensemble contiennent environ •LXX• quayers de grant volume, co(m)me l'experience en est manifeste. Et co(m)me grant louange pour ce n'y affiere, car pou y a soubtilleté, par ventance Dieux scet q(ue) ne le dis, mais pour c(on)tinuer l'ordre de mes bonnes et mauvaises aventures.
Biographie
Eine Frau, die viel zu sagen hatte und dies in zahlreichen Texten tat
Jung verwitwet mit 3 Kindern musste Christine de Pizan den Hausvorstand übernehmen, wie es im Frankreich des ausgehenden 14. Jahrhunderts üblich war. Ungewöhnlich war, dass sie sich trotz finanzieller Schwierigkeiten gegen eine zweite Ehe entschied. Jahrelang kämpft Christine in einem Rechtsstreit um das ihrer Familie zustehende Erbe, bis sie endlich zu ihrem Recht kommt. Selbst des Schreibens und Lesens mächtig geht Christine noch einen Schritt weiter und beginnt eigene Texte zu verfassen. Beginnt sie zunächst mit Gedichten, die einzige literarische Form, die Frauen damals offenstand, wechselt sie selbstbewusst zu Traktaten und einer Gegenposition zu einem populären, frauenverachtenden Roman („Roman de la Rose“, Jean de Meung, Guillaume de Lorris), der in den sog. "Rosenstreit" eingeht und noch Generationen von Autoren nach ihr beschäftigen wird. Christine publiziert in der damals einzigen Form: dem Manuskript.
Sie erhält Aufträge Biographien zu verfassen und widmet sich eigener Literatur. "Die Stadt der Frauen" ist ihr bekanntestes Werk und stellt die Errungenschaften von Frauen ins Zentrum, die an einem geschützten Ort – der Stadt der Frauen – von allen Frauen frei verfolgt werden können. In ihrem Werk "Christines Vision" gibt es ausführliche autobiographische Passagen, die uns ein Einblick erster Hand in ihr Schaffen erlaubt. Kurz vor ihrem Lebensende verfasst sie in Versform eine Huldigung auf die Leistung Johanna von Orléans Frankreich von der Macht Englands befreit zu haben. Damit ist Christine de Pizan die einzige Person, die Johanna von Orléans zu deren Lebzeiten würdigt.
Bereits zu Lebzeiten war Christine de Pizan eine angesehene Gelehrte und Autorin. Ihre Werke waren auch noch die folgenden 150 Jahre höchst erfolgreich, übersetzt in zahlreiche europäische Sprachen, in Europa gelesen und kopiert.
Historisches Bild- und Textmaterial
Christines Selbstdarstellungen in ihren Büchern (Manuskripten) – in Text und Bild
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